Während andere europäische Länder ihr Schienennetz für das zukünftige Verkehrswachstum ausbauen, steckt Deutschland trotz Rekordinvestitionen noch immer zu wenig Geld in die Eisenbahninfrastruktur. Dies ist das Ergebnis einer Aufstellung der Allianz pro Schiene und der Unternehmensberatung SCI Verkehr. Im Vergleich erreicht Deutschland nur einen der hinteren Plätze im Europa-Invest-Ranking, während andere wichtige europäische Wirtschaftsnationen auf eine dreistellige staatliche Pro-Kopf-Investitionssumme für die Schieneninfrastruktur kommen.
Spitzenreiter des Rankings ist die Schweiz mit Ausgaben in Höhe von 362 Euro pro Einwohner, gefolgt von Österreich mit 187 Euro pro Bürger. Beide Länder investieren damit auch höhere Summen in die Schienen- als in die Straßeninfrastruktur. Deutschland wendet hingegen mit 69 Euro pro Bundesbürger deutlich weniger auf. Lediglich Frankreich und Spanien (38 Euro bzw. 32 Euro) investierten 2017 einen noch niedrigeren Pro-Kopf-Betrag in ihre Eisenbahninfrastruktur.
Deutlich höhere Investitionen in das deutsche Schienennetz notwendig
„Die mageren Jahre hat unser Schienennetz zwar hinter sich, aber von einer echten Trendwende des Bundes lässt sich trotz der Rekordinvestitionen für 2017 immer noch nicht sprechen“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Noch würden die Aufwendungen für eine Verkehrswende nicht reichen. Derzeit wären statt 69 Euro rund 80 Euro pro Kopf notwendig, um den Erhalt des Schienennetzes zu sichern und den Neu- und Ausbau voranzutreiben.
Die Allianz pro Schiene rät vor allem zu einem Wechsel bei den Prioritäten. Seit Jahren fließe deutlich mehr Geld in den Straßenbau als in die Schieneninfrastruktur. Die Transitländer Schweiz und Österreich hingegen würden eine Verkehrsverlagerung im Sinne eines umweltverträglichen Verkehrs ganz gezielt mit Geldern für die Eisenbahnnetze begleiten.
„Weil der Bund die Trassenpreise im Güterverkehr noch für das Jahr 2018 gesenkt hat, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, bekommt der Netzausbau sogar eine noch größere Dringlichkeit“, sagte Dirk Flege. Außerdem erinnert er daran, dass den Güterbahnen laut amtlichen Verkehrsprognosen in den nächsten Jahrzehnten ein großes Wachstum vorhergesagt wird. Um darauf vorbereitet zu sein, müsse der Bund ab sofort mit der Schweiz und Österreich gleichziehen und die Prioritäten auf die Schiene verlegen.
„Das reiche Deutschland leistet sich weniger Schiene als viele unserer europäischen Nachbarn. Damit bremst Deutschland nicht nur den innerdeutschen Güterverkehr aus, sondern steht auch bei den europäischen Korridoren auf der Bremse“, erläutert auch Maria Leenen, Geschäftsführerin der SCI Verkehr.
Europas Schienennetz: Grenzüberschreitender Ausbau erfordert Koordination
Dennoch sagte die SCI-Geschäftsführerin auch, dass sie die jüngsten Weichenstellungen der Investitionspolitik begrüße. „Wir spüren Rückenwind. Die Botschaft, dass die Eisenbahninfrastruktur jahrelang dramatisch unterfinanziert war, ist bei der Politik angekommen.“ Zugleich mahnte sie einen europäischen Ansatz beim Ausbau der nationalen Schienennetze an. Ende Juni hatte der EU-Rechnungshof kritisiert, dass die Hochgeschwindigkeitsnetze der Staatsbahnen oft ein „Flickenteppich“ seien und der grenzüberschreitende Ausbau der Strecken keine Priorität habe. „Deutschland sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die jetzt ins Auge gefassten Engpassbeseitigungen auch grenzüberschreitend mitdenken“, sagte Leenen.
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Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben
Infografik: Allianz pro Schiene auf Basis von BMVI, VöV, BMVIT, SCI Verkehr GmbH; 2017