André Kleinbölting steigt mit Claus Weselsky aufs Innotrans-Podium
Zwanzig lange Jahre saß André Kleinbölting im Fahrerhaus seines Lkw und alles sprach dafür, dass er auch die nächsten zwanzig Jahre dort sitzen würde. Doch der 43-Jährige hat auf die Bremse getreten und einen Neuanfang gewagt. Seit Oktober lernt Kleinbölting den Beruf Lokführer an einer Akademie der SBB Cargo International. Die Allianz pro Schiene begleitet den Quereinsteiger durch seine zehnmonatige Ausbildung am Standort Köln: „Plötzlich Lokführer“ erzählt von den Hochs und Tiefs, von Prüfungen und Weckern, die nachts um zwei zur Frühschicht rufen, von Dienstplänen, Schweiß und Freudentränen.
In Folge 4 und Folge 5 ging André Kleinbölting von der Theorie zur Praxis über: Er nahm eine Lok in Betrieb und befuhr das Ruhrgebiet trotz einer Bombenräumung.
André Kleinbölting steigt mit Claus Weselsky aufs Innotrans-Podium
Normalerweise klettern Lokführer-Azubis nicht auf Polit-Podien, doch André ist inzwischen so medienerfahren, dass die Ausbilder der SBB-Cargo keine Bedenken haben, ihren Umschüler zur Eisenbahnmesse Innotrans nach Berlin zu schicken. Auf Einladung der Allianz pro Schiene möchte Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, dort mit Lokführern über die Frage diskutieren, warum der einstige Traumberuf heute solche Nachwuchssorgen macht.
Neben Weselsky auf dem Podium stehen Detlef Müller, der einzige ausgelernte Lokführer, der als Abgeordneter im Deutschen Bundestag sitzt und Willi Struwe, der nach einem Arbeitsunfall sein linkes Bein verloren und sich inzwischen wieder auf den Führerstand zurückgearbeitet hat. Und André, früher Lastwagenfahrer und heute stolzer Botschafter der SBB Cargo-Lokführerschaft.
Jahrelang war der Lokführermangel bei der Eisenbahn vor allem ein Thema für Branchenkenner. Doch spätestens seit aufgrund der Engpässe reihenweise Züge ausfallen und hunderte Pendler täglich betroffen sind, ist die Öffentlichkeit alarmiert.
Die anwesenden Lokführer sind sich einig: Das Problem ist der Schichtdienst. Und vielleicht auch der Mangel an Wertschätzung, vermutet Weselsky. Die Sorge, durch autonome Züge in Zukunft nicht mehr gebraucht zu werden, ist es eher nicht. André nimmt das Mikro und klingt plötzlich sehr selbstbewusst. „Für uns Lokführer im Güterverkehr ist autonomes Fahren kein Thema. Vielleicht wird das irgendwann auf ausgewählten Strecken mal passieren. Aber nicht von jetzt auf gleich.“
Nach Andrés großem Auftritt geht es aufs Außengelände der Innotrans, wo die Hersteller exklusiv für Fachbesucher ihre Neuheiten aufgebaut haben. Die SBB Cargo-Lokführer schlendern mit dem Gesichtsausdruck von Kennern durch den Wagenpark. Triebzüge für den schnöden Personenverkehr? Zu klein. Doch dann machen sie eine Ausnahme und schauen sich den neuen Zug an, den Stadler für die Berliner S-Bahn gebaut hat. Schweizer Wertarbeit, finden die Lokführer der SBB Cargo.
Der Ausflug nach Berlin ist für André und seinen Freund Matthes eine willkommene Auszeit, denn jetzt beginnt der Endspurt: Im Oktober ist Abschlussprüfung.
Quelle: Allianz pro Schiene Aktuell „Plötzlich Lokführer, Folge 6“
Bild: Foto: Allianz pro Schiene / Cliff Nußbaum