Verkehrspolitik: Die Bahn fährt hinterher

Neue Zahlen zur Investition in den Bahnverkehr zeigen: Noch immer fließt zu wenig Geld in das Schienennetz – und zu viel Geld für den Ausbau der Straßen. Deutschland ist europaweit abgeschlagen.

Wenn dieser Tage über mehr Geld für die marode Infrastruktur des Landes geredet wird, dann geht es vor allem um kaputte Autobahnbrücken. Dabei gibt es einen Verkehrsträger, der als wesentlich umwelt- und klimafreundlicher gilt – und der schon viele Jahre ein stiefmütterliches Dasein führt: die Bahn.

Das zeigt sich bei einem Vergleich zwischen den Investitionen in die Schiene mit jenen in die Straße, bei denen die Bahn beständig den Kürzeren zieht. Besonders ungünstig sieht dieses Verhältnis aus, wenn man es mit der Situation in anderen europäischen Ländern vergleicht.

Auch die neuesten Daten haben an dieser Tendenz nichts verändert. Demnach wird in Deutschland mit 64 Euro pro Einwohner deutlich weniger Geld in den Ausbau des Schienennetzes gesteckt als anderswo. Im Vergleich liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz, nur noch gefolgt von Spanien und Frankreich.

Spitzenreiter sind mit weitem Abstand die Schweiz (378 Euro pro Kopf) und Österreich (198 Euro). Das liegt auch an den höheren Kosten durch die Gebirgslage dieser Länder. Vergleicht man aber die Niederlande mit 133 Euro Pro-Kopf-Investitionen, dann wird deutlich, dass Deutschland immer noch abgehängt ist. So jedenfalls sieht das die Interessenvertretung „Allianz pro Schiene“, die die Zahlen erhoben hat und an diesem Mittwoch vorstellen wird.

Immerhin: Die Trendwende ist geschafft

Für deren Geschäftsführer Dirk Flege ist das Abschneiden Deutschlands allerdings schon ein gewisser Fortschritt: „2014 hatte Deutschland noch lediglich 49 Euro pro Bürger ins Schienennetz gesteckt“, sagt Flege, der immerhin anerkennt, dass eine Trendwende geschafft worden sei. Dies liege vor allem daran, dass Bund und Bahn sich auf eine bessere Finanzierung von Neubauprojekten geeinigt hätten. Auch sei der Masterplan Schienengüterverkehr, wie ihn das Bundesverkehrsministerium unlängst beschlossen hat, ein Zeichen in die richtige Richtung.

Allerdings besteht das Missverhältnis zwischen Auto und Bahn weiter fort. Während die Schweiz und Österreich 60 beziehungsweise 66 Prozent ihrer Infrastrukturausgaben in die Bahn stecken, sind es in Deutschland immer noch lediglich 47 Prozent, also weniger als die Hälfte. Die Alpenländer, so sieht das Allianz-Pro-Schiene-Mann Flege, setzen darauf, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Flege fordert, durch beschleunigte Planungsverfahren und die Ertüchtigung des Schienennetzes für 740 Meter lange Güterzüge in Deutschland die Bahn wieder ganz oben auf die Agenda zu setzen.

 

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutschland-verkehrspolitik-zu-wenig-geld-fliesst-in-das-schienennetz-a-1157257.html